Barrierefreiplan Natur - Der Bürgerrechtsgedanke in der Sichtweise von Behinderung und das Prinzip der vollen Teilhabe

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Der Bürgerrechtsgedanke in der Sichtweise von Behinderung und das Prinzip der vollen Teilhabe

Der Gedanke einer vollen Teilhabe von behinderten Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft ist (geschichtlich betrachtet) noch relativ neu. Mit dem Internationalen Jahr der Behinderten (1981) wurde eine allmähliche Veränderung in der Sichtweise behinderter Menschen eingeleitet, die man als Wechsel vom „medizinischen Modell“ zum „sozialen Modell“ oder auch von der „Fürsorgeperspektive“ zur „Bürgerrechtsperspektive“ bezeichnet. Bei diesem Perspektivenwechsel geht es darum, dass Frauen und Männer mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen nicht länger als defizitär, als Menschen zweiter Klasse und von Bevormundung oder Überbehütung betroffen anzusehen sind. Sie sind hingegen Bürgerinnen und Bürger mit den gleichen Rechten wie alle anderen auch und dem gleichen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft.

International gesehen wurde dieser Blickwechsel durch die Aktivitäten behinderter Menschen selber befördert, die in der Literatur auch als „die letzte Bürgerrechtsbewegung“ bezeichnet werden. Das Ergebnis dieser Anstrengungen drückte sich in Gesetzen und Dokumenten aus, etwa im „Americans with Disabilities ACT – ADA“, der 1990 für Millionen behinderter US-AmerikanerInnen einen wichtigen Fortschritt erbrachte und Vorbild für die Gesetzgebung in anderen Ländern wurde (etwa Australien 1992, Großbritannien 1995).

Im Jahr 1993 verabschiedete die UN-Vollversammmlung die sogenannten „Standard Rules“, die in der deutschen Übersetzung „Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte“ genannt werden. Es handelt sich dabei um 22 Regeln, die die Philosophie der „gleichberechtigten Teilhabe“ festschreiben. Da diese Regeln völkerrechtlich jedoch nicht verbindlich sind, wird auf Ebene der Vereinten Nationen derzeit eine Konvention über Behindertenrechte erarbeitet, die voraussichtlich Ende 2006 fertiggestellt sein wird.

Gleichberechtigte Teilhabe auch in der Europäischen Union

Auch auf der Ebene der Europäischen Union (EU) hat der Bürgerrechtsgedanke seit Mitte der 90er Jahre Einzug gehalten. „Disability Mainstreaming“ lautet seitdem die offizielle Devise: Das bedeutet: Behinderte Bürgerinnen und Bürger sollen nicht mehr nur in Sonderprogrammen im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, sondern in allen Lebensbereichen, im „Hauptstrom“ der Union sichtbar werden, also auch in den Bereichen Bildung, Forschung, Verkehr, Telekommunikation, Freizeit, Natur, etc.

Als Meilenstein zur gleichberechtigten Teilhabe auf europäischer Ebene kann der Vertrag von Amsterdam angesehen werden. Diesen Vertrag haben die EU-Mitgliedstaaten 1997 verabschiedet und damit ihr bestehendes Vertragswerk (EG-Vertrag – EGV) ergänzt. In diesem Vertrag findet sich der Artikel 13, der eine Diskriminierung unter anderem wegen einer Behinderung untersagt. Gestützt durch diesen neuen Artikel 13 EGV veröffentlichte die Kommission im Jahr 2000 die Mitteilung „Auf dem Weg zu einem Europa ohne Hindernisse für Menschen mit Behinderungen“. Darin wird vor allem den Abbau von Hindernissen in den Bereichen Mobilität und bei der Informationstechnologie angestrebt.

Im Jahr 2003 fand in der EU das „Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen“ (EJMB) statt. Das zentrale Motto dieses Jahres lautete „Nichts über uns ohne uns!“ Das wichtigste Dokument dieses Jahres war die Mitteilung der EU-Kommission „Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen: Ein Europäischer Aktionsplan“. Dieser Aktionsplan umfasst den Zeitraum bis 2010 und hat unter anderem die Ziele:

  • Einbeziehung der Behindertenthematik in alle einschlägigen Maßnahmen der EU
  • Förderung des „Zugangs für alle“

Da auch die Europäische Verfassung, die sich im (stockenden) Stadium der Ratifizierung befindet, einen gesonderten Artikel (Teil II, Artikel 86) zur vollen Teilhabe behinderter Menschen vorsieht, befindet sich die Entwicklung eines Modell-Management-Plans im Einklang mit der europäischen/internationalen Entwicklung. Dies ist umso bedeutsamer, da ein Kooperationspartner dieses Projekts, das Netzwerk Alpiner Schutzgebiete, staatenübergreifend organisiert ist, und auf diese Rechtsentwicklung zurückgreifen kann.